Montag, 20. September 2021

Alles hat seine Zeit

 

 


Alles hat seine Zeit und unser Vagabundenleben an Bord ist mit dem Einlaufen im Heimathafen Cuxhaven zu Ende. Wir blicken zurück auf 7 Lebensjahre ohne Winter. Die Sonne war unser täglicher Begleiter.

Wir sind dankbar für diese besondere und intensive Segelzeit.  Zahlreiche Länder lagen auf unserem Weg, darunter viele Inseln. Wir hatten das Glück, sie noch vor den Verwüstungen durch Hurrikane und die Einschränkungen durch Corona besuchen zu können. Wir ankerten in Buchten mit türkisfarbenem Wasser, schnorchelten an farbenfrohen Korallenriffen, tauchten ab in eine bunte Unterwasserwelt, schwammen mit Schildkröten und Rochen.  Wir nahmen uns Zeit für Landausflüge und fuhren mit den örtlichen Bussen. Wir mischten uns unter die Einheimischen und kamen mit den Menschen in Kontakt. Wir lernten die Sitten und Gebräuche der jeweiligen Insel, des jeweiligen Landes kennen und lieben. Man begegnete uns mit Freundlichkeit, Gelassenheit und großer Hilfsbereitschaft.

Auf den Ankerplätzen kamen wir schnell mit anderen Seglern ins Gespräch. Beim Austausch von Informationen und Erfahrungen ergaben sich immer wieder gemeinsame Ziele. Durch die gemeinsame Segelzeit entwickelten sich intensive Freundschaften. Regelmäßig besuchten uns unsere Kinder an Bord.

In der Hurrikanzeit stellten wir unsere Segelyacht an Land und flogen nach Hause. Wir nahmen den Wechsel zwischen dem einfachen, autarken Leben an Bord und dem komfortablen Wohnen in einer Wohnung sehr intensiv wahr. Diese zwei so unterschiedlichen Arten des Lebens empfanden wir als große Bereicherung. Regelmäßig tauschten wir Komfort und Sicherheit gegen Einfachheit und Abenteuer.

Mit dem Entschluss, in diesem Sommer unsere Segelyacht nach Hause zu holen, waren noch einmal weite Segelstrecken zurück zu legen. Von den insgesamt 20874 gesegelten Meilen der vergangenen 7 Jahre entfielen alleine 5008 Seemeilen auf den Rückweg. Bei unserer Ankunft in Cuxhaven wehten 33 Flaggen im Wind; eine jede stand für wunderbare Erinnerungen und einmalige Erlebnisse.

Unsere Freunde haben uns einen überwältigenden Empfang bereitet. Herzlichen Dank dafür. Wir fühlen uns reich beschenkt.

 

Donnerstag, 12. August 2021

Nordsee erreicht

 


Im französischen Calais haben wir die Nordsee erreicht. Mit jeweils einer Nachtfahrt legen wir Segelstrecken von ca. 150 Seemeilen zurück. An schönen Orten verweilen wir dafür gerne länger. Wir packen die Fahrräder aus und erkunden die Umgebung. Mit jedem Wechsel der Gastlandflagge kommen wir unserer Heimat ein Stück näher. Beim Segeln bleibt genug Zeit, um die Gedanken fliegen zu lassen, voraus zu eilen und zurück zu blicken.

Wie lange hatten wir gezögert, uns in dieser, durch Corona schwierigen Zeit, auf den Weg zu machen? Und wieviel Glück hatten wir bisher? Das Wetter hat es gut mit uns gemeint. Die Sonne schien häufig und meine Seestiefel sind bisher ungenutzt. Während viele von der Ferne nur träumen konnten, lagen gleich 7 Urlaubsländer auf unserer Reiseroute.

Costa Rica, dieses grüne Naturparadies hätten wir ohne den Einreisestopp in die USA nie kennen gelernt.

USA/Georgia mit der Möglichkeit, sofort und kostenlos gegen Corona geimpft werden zu können.

Die Bermudas, ein exklusiver, karibischer Inseltraum mit immer blauem Himmel.

Die Azoren/Horta auf der Insel Faial/ Vorposten Europas mit gemäßigtem Klima, üppigem Grün, blühenden Hortensienhecken und der ersten Walbeobachtung.

Nordspanien, Galicien, Tapas, Wein, das Flanieren und Schlendern, enge Gässchen, Altstädte, Festungsanlagen, Buchten und Strände, Europa mit seinem großen Reichtum an Kultur und Lebensstil.

Frankreich, die melodische Sprache, die kulinarischen Köstlichkeiten, Cherborg/Normandie, aber auch Erinnerung an den zweiten Weltkrieg und das Anlanden der Alliierten.

Belgien mit Oostende, dem Nordseebad, in dem wir durch eine Schleuse mitten in der brodelnden Innenstadt liegen.

Niederlande mit Scheveningen, dem mondänen Kurbad von Den Haag. Den Haag, der europäische Friedenspalast, enge Gässchen, schön restaurierte Altstadt mit Straßenbahn, Parks, Alleen, Kunst an jeder Ecke, Blumenkübel, Bänkchen vor den Häusern, zweispurige Fahrradwege, Fahrradgaragen und Vorfahrt für Fahrräder. Die Inseln Texel und Vlieland, Urlaubsorte für Familien, wer hier einen Stegliegeplatz erwischt, bleibt für länger. Gezeitenland, historische Botter, die im Päckchen liegen, flachgehende Schiffe, die sich trocken fallen lassen, weite Sandstrände und mit dem Beiboot zu erreichende Sände zum spazieren gehen.

Inzwischen haben wir die letzte Gastlandflagge eingeholt. Auf der ostfriesischen Insel Borkum wollen uns unsere Kinder vor unserer Ankunft in Cuxhaven noch einmal an Bord besuchen. So scheint ein erstes Resümee erlaubt.

Seit April liegen ca. 5000 Seemeilen in unserem Kielwasser. Unsere Murada hat sich als starke und verlässliche Partnerin erwiesen. Sie hat uns zwei mal heil über den Atlantik gebracht. Dabei hat sie nicht nur uns, sondern unser mit den Jahren angesammeltes Hab und Gut befördert. Gutmütig ist sie über zahlreiche Wellenberge gefahren, wurde geknufft und geboxt, bespritzt und mit Salzwasser überschüttet. Nach 7 Jahren hat sie nun wahrlich eine Überholung verdient.

Keinen Augenblick haben wir die Entscheidung, unser Schiff nach Hause zu holen, bereut. Dass es so gut laufen würde, hätten wir vor 4 Monaten noch nicht zu hoffen gewagt. Wir sind glücklich und dankbar. Und wir freuen uns auf Cuxhaven, unsere Wahlheimat aus Liebe zum Segelsport.

Montag, 26. Juli 2021

Biskaya

 

Wie sagten unsere Freunde nach unserer Atlantik Überquerung? "Jetzt ist es für euch ja nur noch ein Katzensprung bis nach Hause." Und tatsächlich fühlt es sich so an. Das letzte größere Segelstück ist der Törn über die Biskaya. In der Bucht von Cedeira warten wir auf das passende Wetterfenster und verabschieden uns schweren Herzens von Galicien. Das spanische Leben, die kleinen Fischerorte, Santiago de Compostela und die vielen Wallfahrtskirchen haben uns gut gefallen. Bei unserer Überfahrt weht der Wind mit 5-7 Beaufort aus südwestlicher Richtung. Der Seegang beträgt 1,2 bis 1,8m Meter. Wir segeln größtenteils mit gerefften Segeln. Unsere Murada pflügt kraftvoll durchs Wasser. Die ein und andere Ladung Salzwasser spritzt übers Deck. Ein leuchtender Vollmond erleichtert uns die Nachtfahrten. Gleich in der ersten Nacht gelingt es einer Sturmmöwe auf unserem Vorschiff zu landen. Wie ein schwankender Seemann schaukelt sie auf ihren dünnen Beinchen hin und her. Scheinbar mühelos gleicht sie die Schiffsbewegungen aus. Selbst durch eine gelegentliche Salzwasserdusche und das Ein-und Ausreffen der Segel lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Erst am Morgen, nach einem ausgiebigen Morgenputz, breitet sie ihre Flügel aus, umkreist noch zweimal unser Schiff und fliegt davon. Welch nette Begleitung. Mit der aufgehenden Sonne des dritten Segeltags erreichen wir die Einfahrt zum englischen Kanal. Es läuft gut, die Tide zieht uns in den Kanal und wir entscheiden uns dafür weiter zu segeln. Mit vollem Tidenstrom rauschen wir an den Leuchttürmen der Ile d'Quessant vorbei. Erst vor der Kanalinsel Alderney werden wir eingebremst. 
Hier kommt uns die Strömung mit 3 Knoten entgegen und es bilden sich kräftige Strudel. In der Seekarte sind diese als "Races" markiert und bei Starkwind gefürchtet. Wir kämpfen uns mühsam um die Insel und sind froh, als die Tide kippt. Mit dem letzten Büchsenlicht erreichen wir den Hafen von Cherbourg. Für die 483 Seemeilen waren wir 4 Tage und 3 Nächte unterwegs und können uns nun in Frankreich Zeit lassen. Dass wir, bei unserem ersten Landgang in Cherbourg über das Impfzentrum stolpern und kurz darauf zum zweiten Mal gegen Corona geimpft sind, wissen wir da noch nicht.

Montag, 5. Juli 2021

Tschacka, geschafft!

 

 

Das letzte Wegstück unserer Atlantiküberquerung von den Azoren bis ans spanische Festland verlangt noch einmal unseren vollen Einsatz.

Zunächst starten wir von Horta mit halbem Wind aus südlicher Richtung. Es ist flottes Segeln mit dem Blick auf die Inseln Pico, Sao Jorge und Terceira. In der Ferne sehen wir den Blas eines Pottwals. Beim senkrechten Abtauchen ragt seine Schwanzflosse steil aus dem Wasser.

Am vierten Segeltag erwischt uns eine Front mit 7 bis 9 Windstärken, in den Böen 10. Der Starkwind weht uns in die richtige Richtung und mit stark gerefften Segeln haben wir den Ritt über die 3 bis 4 Meter hohen Wellen nach 12 Stunden überstanden. Wir sind zufrieden mit unserem Schiff. Es  hat sich auch unter harten Bedingungen bewährt.

Eine letzte Herausforderung stellt das Queren des Verkehrstrennungsgebietes vor der portugiesisch-spanischen Atlantikküste dar. Wir fühlen uns wie ein Fußgänger, der über eine mehrspurige Autobahn möchte. Mit dem endgültigen Ausfall des Autopiloten sind wir in dieser letzten Nacht mit dem Kurs halten des eigenen Schiffes und dem Beobachten des Schiffsverkehrs beide noch einmal voll gefordert.

Und dann heißt es nach 998 Seemeilen und genau 7 Tagen: Tschacka, geschafft.

 

Im spanischen Hafen Baiona gehen wir an Land. In den engen Gässchen der Altstadt tauchen wir ein ins spanische Leben mit Tapas und Wein, Churros und Cafe. Die Anstrengungen der Überfahrt fallen allmählich ab. Wir bummeln über die Promenade und Umrunden die gut restaurierte Burganlage der Stadt. Der neue Autopilot ist nach 2 Tagen eingebaut und wie sagen unsere Segelfreunde: jetzt ist es für euch ja nur noch ein Katzensprung nach Hause.